Rahmenvereinbarung Werksvermessung

Ausgangssituation

Seit Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrtausends werden zur verkaufsmaßrelevanten Rundholzvermessung seitens der Sägeindustrie elektronische Rundholzvermessungsanlagen eingesetzt. Diese unterliegen in der Bundesrepublik Deutschland dem Eichgesetz und der Eichordnung. Sie werden in der Regel einzeln von der verantwortlichen Bundesbehörde, der »Physikalisch–Technischen Bundesanstalt (PTB)« zur innerstaatlichen Eichung zugelassen und von den örtlich zuständigen Eichämtern als Landesbehörden geeicht. Die geeichten Messgrößen beziehen sich dabei auf die physikalischen Daten des Messgutes. Branchentypische Handelsusancen, die die Preisbildung beeinflussen, werden nicht berücksichtigt.
Zwischen 1990 und 1994 wurde – verursacht durch die zunehmende Installation von Rundholzvermessungsanlagen auf Seiten der Sägeindustrie – von den Spitzenverbänden »Deutscher Forstwirtschaftsrat e. V.« und »Verband der Deutschen Säge– und Holzindustrie e. V.« ein akuter Regelungsbedarf beim Holzverkauf nach industrieseitig im Rahmen der »Werksvermessung« ermittelten Maßen (»Werksmaß«) gesehen. Die daraufhin initiierten Standardisierungsbestrebungen hatten unter anderem das Ziel, die Wettbewerbsneutralität zwischen Sägewerken, die nach den herkömmlichen Waldmaßen einkauften und denjenigen, die die Werksvermessung nutzten, sicher zu stellen. Zusätzlich waren auch vertrauensbildende Maßnahmen notwendig, um die Lieferanten davon zu überzeugen, die Verantwortung für die Verkaufsmaßermittlung in die Hände der Abnehmer zu geben. Dies war nur möglich, wenn eine Übereinstimmung zwischen Wald– und Werksmaßen sicher gestellt werden konnte.
In 1994 wurde als Verhandlungsergebnis der beiden Spitzenverbände der deutschen Forst– und Holzwirtschaft die Rahmenvereinbarung »Anforderungskatalog für die Werksvermessung von Stammholz; Gemeinsame Bestimmungen der Forstwirtschaft (DFWR) und der Säge– und Holzindustrie (VDS) für die Bundesrepublik Deutschland (Stand: 04.1994)« – kurz »DFWR/VDS–Anforderungskatalog« verabschiedet. Dies geschah mit den Zielen, den technischen Entwicklungen Rechnung zu tragen und verkäufer– und käuferseitige Rationalisierungspotenziale zu erschließen.
In 1995 wurde aufgrund weiteren Regelungsbedarfes eine zusätzliche Vereinbarung »Forstliche Sortierüberprüfung im Rahmen der Werksvermessung von Stammholz: Gemeinsame Bestimmungen der Forstwirtschaft (DFWR) und der Säge– und Holzindustrie (VDS) für die Bundesrepublik Deutschland (Stand: 12.1995)« getroffen.
In 2002 wurden die bereits bestehenden Regelwerke durch die »Vorläufige Anweisung für die Überprüfung der Rundholzqualitätskriterien Krümmung und Abholzigkeit im Rahmen der Forstlichen Sortierüberprüfung; Anlage zum Anforderungskatalog für die Werksvermessung von Stammholz – Gemeinsame Bestimmungen der Forstwirtschaft (DFWR) und der Säge– und Holzindustrie (VDS) für die Bundesrepublik Deutschland (Stand: 01.2002)« ergänzt. Darin werden Grundlagen der automatisierten Qualitätsermittlung von Rundholz geregelt. Keines der Regelwerke wurde seit der jeweiligen Verabschiedung überarbeitet.
Trotz einer insgesamt hohen Akzeptanz des Anforderungskataloges für die Werksvermessung von Stammholz seitens der Sägeindustrie und der Rundholzlieferanten kam es in der Vergangenheit vermehrt vor, dass Rundholz auf den Markt gebracht wurde, welches durch Anlagen vermessen wurde, die keiner Zertifizierung nach vorgenannten Regelwerken unterzogen wurden. Dies betrifft insbesondere Anlagen im benachbarten europäischen Ausland, wo eine entsprechende Regelung bislang nicht existiert.

Gründe für eine Neuregelung

Internationale Unterschiede in den eichrechtlichen Bestimmungen und unterschiedliche Handelsgebräuche führen unweigerlich zu Differenzen in der Maßermittlung. Daraus resultierende Rohstoffpreise und Verkaufserlöse sind aufgrund der Maßunterschiede nicht miteinander vergleichbar. Die Wettbewerbsneutralität auf internationaler Ebene kann unter diesen Voraussetzungen derzeit nicht gewährleistet werden.
Auf Grundlage des bis zum 31.03.2005 gültigen DFWR/VDS–Anforderungskataloges war eine Zertifizierung von Rundholzvermessungsanlagen unter Berücksichtigung der vorgegebenen Standards im Ausland nicht möglich.
Eine Integration neuer technischer Entwicklungen in den DFWR/VDS–Anforderungskatalog erschien unter den gegebenen Voraussetzungen problematisch.

Ziele der Neuentwicklung

Die beiden Spitzenverbände der Deutschen Forst– und Holzwirtschaft sahen Mitte 2004 einen dringenden Überarbeitungsbedarf bei den damaligen Vereinbarungen. Folgende Ziele wurden formuliert:
Die Ungleichbehandlung von Rundholzvermessungsanlagen–Betreiberunternehmen (zertifizierte/nicht zertifizierte Rundholzvermessungsanlagen) bei der Verkaufsmaßermittlung sollte durch eine breitere Anwendungsbasis der Zertifizierung sowohl national als auch international beseitigt werden können.
Die Zertifizierung von Rundholzvermessungsanlagen sollte auch im europäischen Ausland möglich werden.
Den aktuellen technischen Entwicklungen sollte Rechnung getragen werden.

Ergebnis der Neuentwicklung

Unter der vorgenannten Zielsetzung wurde eine neuen Rahmenvereinbarung entwickelt, die:
strikt nach rechtlichen Gesichtspunkten gegliedert ist und die Bezugnahme in Kaufverträgen im Sinne von allgemeinen Geschäftsbedingungen berücksichtigt.
durch konkrete Definitionen zu Begriffen, Zuständigkeiten und Kompetenzen Interpretationsprobleme bei der Anwendung vermeidet.
auf Verträge mit ausländischen Geschäftspartnern angewandt werden kann.
alle bisherigen DFWR/VDS–Vereinbarungen in einem Dokument/Rahmenwerk zusammenfasst.
alle Entscheidungen des Arbeitskreises Werksvermessung der vergangenen Jahre berücksichtigt.
zweiteilig gegliedert ist; in ein statisches Hauptdokument zur Unterzeichnung auf Präsidiumsebene der Verbände und in einen dynamischen Anlagenteil zur Weiterentwicklung auf Fachausschuss–Ebene. Der Anlagenteil enthält Begriffsdefinitionen, Gestaltungsrichtlinien (z.B. für Werksmaßprotokolle), Verfahrensbeschreibungen (z.B. für Zertifizierungsverfahren), Grenzwertvorgaben (z.B. für Inspektionsbesuche). Das Zusammenspiel von Hauptteil und Anlagenteil ermöglicht eine flexible Anpassung an die rapide technologische Entwicklung, vermeidet somit statische Entwicklungsblockaden, aber auch „Wildwuchs”, wie er entsteht, wenn Regelwerke mit technologischen Entwicklungen nicht Schritt halten.


Technische und organisatorische Neuregelungen

Dimensionsermittlung
Es gibt keine wesentlichen Veränderungen bei der Maßermittlung im Vergleich zum DFWR/VDS Anforderungskatalog. Die Anforderungen an die Messtechnologie und Auswertungsmethoden wurden aber näher spezifiziert.
Qualitätsermittlung
Es wurden neue Messverfahren für Abholzigkeit, Krümmung und Ovalität entwickelt. Die bekannten Verfahren zur Abholzigkeits– und Krümmungsermittlung sollen nach einer Übergangsfrist bis zum 31.03.2006 durch diese abgelöst werden. Das Verfahren zur Ovalitätsermittlung ist neu. Die wichtigste Gemeinsamkeit der neuen Verfahren liegt in der kontinuierlichen Messmethodik, die den gesamten Stammverlauf in 0,5 m Abständen berücksichtigt. Die herkömmlichen Verfahren basierten auf einer punktuellen Messmethodik. Die Messpunktlokalisierung findet grundsätzlich ausgehend von der Sortenmitte in Richtung der beiden Stammenden statt.
Abholzigkeitsermittlung
Im Gegensatz zum bisherigen Verfahren (Einbeziehung von Mitten– und Zopfdurchmesser) erfolgt die Abholzigkeitsermittlung unter Einbeziehung mehrerer gleichmäßig verteilter Messbereiche, deren Anzahl abhängig von der Sortenlänge ist. Die Stammkontur wird dadurch besser erfasst.
Krümmungsermittlung
Im Gegensatz zum bisherigen Verfahren (Einbeziehung von zwei Referenzpunkten für die Pfeilhöhenermittlung) erfolgt die Krümmungsermittlung unter Einbeziehung mehrerer gleichmäßig verteilter Messbereiche, deren Anzahl abhängig von der Sortenlänge ist. Die Stammform wird dadurch besser erfasst. Die neue Variante (unveröffentlicht) wird derzeit in Praxisuntersuchungen validiert und nach Abschluss dieser Arbeiten vom Arbeitskreis Werksvermessung zur Anwendung freigegeben und veröffentlicht. Bis dahin steht ausschließlich das herkömmliche Verfahren für Stammabschnitte zur Verfügung.
Ovalitätsermittlung
Analog zur neuen Abholzigkeits– und Krümmungsermittlung erfolgt die Ovalitätsermittlung unter Einbeziehung mehrerer gleichmäßig verteilter Messpunkte, deren Anzahl abhängig von der Sortenlänge ist. Unterschiedliche Ovalitäten in verschiedenen Stammbereichen werden dadurch erfasst und bewertet. Als Maß des Qualitätskriteriums wird eine ovalitätsbedingte Kreisfläche berechnet, die zu der dimensionsermittlungsrelevanten Kreisfläche der Sortenmitte in Bezug gesetzt wird.
Optische Dokumentation der visuellen Rundholzqualitätsbeurteilung
Fließen in die Rundholzqualitätsermittlung zusätzlich zu den automatisiert messbaren Parametern (Abholzigkeit, Krümmung und Ovalität) visuelle Einschätzungen des Bedienpersonals ein, so ist dies durch eine geeignete, zertifizierbare automatisierte Dokumentation zu belegen.
Zertifizierung
Der im DFWR/VDS–Anforderungskatalog verwendete Begriff der »Forstlichen Sortierüberprüfung« wird in der Rahmenvereinbarung durch den Begriff der »Zertifizierung nach DFWR/VDS–Standards« abgelöst.
Die Zertifizierung erfolgt durch »akkreditierte Prüfinstitutionen«.
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat e. V. kann bei Bedarf spezielle regionale »Ansprechpartner Werksvermessung« benennen, die u. a. berechtigt sind, Zertifizierungsgutachten einzusehen.
Zulassung zur Werksvermessung
Erfolgreich zertifizierte Rundholzvermessungsanlagen werden im Zulassungszertifikat durch ein durch die Prüfinstitutionen zu vergebendes Label gekennzeichnet.
Zusätzlich werden die Daten im Internet unter der Domain »www.werksvermessung.org« veröffentlicht. Bei dem dortigen Verzeichnis handelt es sich ausschließlich um eine Positiv–Liste. Es werden nur Betreiberunternehmen und Rundholzvermessungsanlagen geführt, bei denen ein Zertifizierungsverfahren nach DFWR/VDS–Standards erfolgreich abgeschlossen wurde. Betreiberunternehmen oder Rundholzvermessungsanlagen, die dort nicht aufgeführt sind, sind entweder nicht zertifiziert oder es liegt derzeit keine gültige Zulassung zur Werksvermessung vor.
Die Zulassung einer Rundholzvermessungsanlage zur Werksvermessung ist mit einer Registrierungs–Nummer (Reg.–Nr.), deren ersten beiden Ziffern die verantwortliche Prüfinstitution repräsentieren, verknüpft. Wurde die Zulassung zur Werksvermessung nach dem 01.04.2005 erteilt, so wird die Registrierungsnummer nicht nur in diesem Internetverzeichnis, sondern auch auf den Zulassungszertifikaten und den zur Werksvermessung zugelassenen Messprotokollen der Rundholzvermessungsanlage wiedergegeben.
Es besteht die Möglichkeit, dass ein Betreiberunternehmen – neben den unter »www.werksvermessung.org« aufgeführten – weitere nicht zur Werksvermessung zugelassene Rundholzvermessungsanlagen betreibt.
Übergangsfristen
Zulassungen zur Werksvermessung, die auf Basis des DFWR/VDS–Anforderungskataloges erteilt worden sind, behalten ihre Gültigkeit für die Laufdauer der entsprechenden Zertifikate.
Bis Ablauf einer Frist zum 31.03.2006 kann das Betreiberunternehmen für die Abholzigkeits– und Krümmungsermittlung zwischen einer bisherigen und der neuen Verfahrensvariante wählen.

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